Eigenmarken: brachliegende Umsatz- und Profitpotenziale und ungenutzte Differenzierungsvorteile

Die Möglichkeiten zur Differenzierung und Umsatzsteigerung über Eigenmarken werden von vielen Handelsunternehmen nicht wirklich genutzt. Neben der wirtschaftlichen Bewältigung der COVID19 Folgen, fokussieren sich die meisten Händler derzeit auf den Umgang mit der Digitalisierung: Online-Handel, Verbindung online/ offline Welt, Datenmanagement etc. Keine Frage, das sind alles essenzielle Themen für die Zukunftssicherung

Ein strategischer Ankerpunkt für den Erfolg ist und bleibt aber die Differenzierung zum Wettbewerb. Viele Händler nutzen dafür u.a. Labels im unteren und mittleren Preissegment ihres Warenangebotes. Richtig gemacht bieten die Hausmarken den Kunden einen Mehrwert sowie einen rationalen und emotionalen Markennutzen. Denn nur starke Marken sind in den Köpfen des Kunden verankert. Sie haben es selbst in der Hand, die eignen Marken kundenzentrisch auszurichten und damit den Weg zur Profilierung, Wachstum und Ertragssicherung zu bestellen.

Erfolgreich sind die Händler, die sich vom Anbieter von produktorientierten Hausmarkensortimenten hin zum Anbieter von kundenorientierten Eigenmarken entwickeln und gleichzeitig die Chance nutzen, diese sowohl an direkte Kunden (B2C) als auch an andere Retailer (B2B) zu verkaufen.

Nur so lassen sich Volumen langfristig steigern und erfolgreiche Marken im Markt etablieren. Die Integration der Own Brands in die ganzheitliche Markenstrategie ist zwingend erforderlich, da sie ein wichtiger Treiber zum Aufbau einer starken Unternehmensmarke sowie von starken Marken ist.

Drei große Hürden zu mehr Umsatz und Profit mit Eigenmarken

  • Viele Retailer setzen nicht genügend Energie ein, um ihre Kunden, deren Bedürfnisse, Qualitätsansprüche, Kaufverhalten und Vorzüge an Marken zu analysieren und die eigenen Marken entlang dem Wertschöpfungsprozess profilscharf auszurichten.
  • Die strategische Ausrichtung und Verwendung der Own Brands ist mit der Unternehmensstrategie nicht genügend verzahnt. Zudem ist das Portfolio an eigenen Marken oft unausgeglichen mit vielen Überschneidungen und zu wenig Differenzierung untereinander.
  • Die Verantwortlichkeiten sind gesplittet und in vielen Funktionsbereichen innerhalb der Unternehmensstruktur verankert. Ein professionelles Eigenmarkenmanagement fehlt meist.

Handelsunternehmen reden von Forcierung und Profilschärfung der eigenen Marken. In unseren Projekten erleben wir immer wieder, dass die Hausmarken zwar profitabel sind, aber häufig kein Profil besitzen. Sie werden bei den Kunden nicht als Marken wahrgenommen und werden zudem in den seltensten Fällen dem jeweiligen Händler zugeordnet. Es werden Labels genutzt, um Eigenkreationen auszustatten und das untere sowie mittlere Preissegment innerhalb der Sortimente abzudecken. Ihnen fehlt eine klare Kundenausrichtung und sind daher meist am POS für den Kunden als Marke auch nicht erlebbar.

Laut aktueller Studien kauft mittlerweile jeder deutsche Konsument gerne Handelsmarken. Gerade der Lebensmitteleinzelhandel sowie Drogerie- und Baumärkte lassen erkennen, wie erfolgreich Handelsmarken sowohl im Preiseinstieg als auch im Premiumsegment sein können und zur Profilierung des Händlers beitragen. Die kontinuierliche Verbesserung der Produktqualität der eigenen Marken und die immer professionellere Handelsmarkenpolitik in diesen Branchen werden durch die Konsumenten mit steigenden Marktanteilen belohnt. Zusätzlich bewegt das gute Preis-Leistungs-Verhältnis immer mehr Kunden dazu, mehr Handelsmarkenprodukte zu kaufen.

Handelsmarken mit reinen Preis-Impulsen und wenig Mehrwert für die Kunden sind gerade durch die hohe Online-Präsenz austauschbar. Ohne einem klaren Markenversprechen und einer glaubwürdigen Markenaussage tragen sie nicht zur Differenzierung und Kundenbindung an das Handelsunternehmen bei.

Hausaufgaben für den Handel

Mit der Vielzahl an Online-Shops haben Kunden heute ein enormes Angebot an Einkaufsmöglichkeiten. Die damit einhergehende starke Konkurrenz macht deutlich, dass eine Abhebung vom Wettbewerb für jedes Handelsunternehmen unerlässlich ist. Handelsmarken benötigen somit ein unverwechselbares Profil, um sich klar zu positionieren und den Hebel der Präferenzbildung für den jeweiligen Händler voll auszunutzen.

Baustellen Eigenmarken-Management

Um das Geschäft mit den eigenen Handelsmarken profitabel und zudem mit einer großen Hebelwirkung auf das Image und die Kundenbindung der Retail Brand auszubauen, ist ein ganzheitlicher Ansatz notwendig. Dieser ermöglicht es Handelsunternehmen:

  • das Portfolio der Own Brands mit der Unternehmensstrategie verzahnt aufzusetzen,
  • die Marken profilscharf und kundenzentriert auszurichten,
  • den Prozess von der Planung bis zur Kontrolle zu steuern,
  • die Verantwortlichkeiten und Aufgaben sowie die Prozesse klar zu regeln und
  • zusätzliches Wachstumspotenzial aufzuzeigen.

Die wichtigsten Bausteine für ein profitables Eigenmarkenmanagement

Um Umsatz- und Profitpotenziale im Eigenmarkengeschäft voll auszuschöpfen hat es sich bewährt, mit einer ganzheitlichen Perspektive an das Thema heranzugehen. Wichtig für den Erfolg und die interne Akzeptanz von Veränderungen der Eigenmarken ist es, die relevanten Stakeholder im Unternehmen dabei einzubinden und mitzunehmen.

Verknüpfung Unternehmensstrategie

  • Die Basis für den ganzheitlichen Ansatz bildet immer die Verknüpfung mit der Unternehmensstrategie. Jede Marke für sich, als auch die Eigenmarken in Summe müssen die Vision und grundsätzlichen Ziele, Leitlinien und Anforderungen der Retail Brand untermauern. Unternehmensmarke und die einzelnen Exklusivmarken sollen sich gegenseitig stützen und verstärken!

Own Brand-Strategie

  • Entwickeln Sie eine Logik für den Einsatz der eigenen Marken: Dazu gehört die Entscheidung, welche Marken(n) für Warengruppen- oder Zielgruppenkompetenz stehen, die Definition der jeweiligen strategischen Rolle hinsichtlich Profitabilität und Differenzierung ebenso wie die Festlegung zum nationalem/internationalem Vertrieb.
  • Ordnen Sie die eignen Marken, basierend auf Kunden-Insights zu Bedürfnissen, Anwendungsgewohnheiten etc., in einem Zielgruppen-Preis-Warengruppen-Modell an. So erkennen Sie Lücken oder ggf. ungewollte Überschneidungen im Eigenmarken-Portfolio transparent und Sie können die entsprechenden Korrekturen einleiten.

Own Brand-Ausrichtung

  • Abgeleitet aus den strategischen Vorgaben entwickeln Sie je Einzelmarke ein klares und kundenorientiertes Markenprofile mit verbindlicher Marken-DNA.
  • Erarbeiten Sie für jede eigene Marke einen Marken-Steckbrief, der verbindliche Angaben zur Positionierung, zum Markenversprechen, zu Kundensegmenten, Warengruppen und Preislagen/-gruppen und das jeweilige Ziel-Umsatz-Volumen beinhaltet.
  • Legen Sie im Brand-Guide außerdem Rahmendaten zum Sortiment, Qualitätsanspruch, Preisstruktur, POS-Konzept (stationär und digital) und zur Vertriebsstruktur fest, damit diese für alle Beteiligten im Einkauf, Verkauf, Werbung, Visual Merchandising etc. als Umsetzungsvorgabe gelten.

Planung & Kontrolle

  • Für ein klares Zielsystem etablieren Sie eine Eigenmarken-Planung, die sowohl einkaufs- als auch vertriebsorientiert ist und alle Categories einschließt. Erarbeiten Sie dabei auch eine Format- und Bausteinplanung unter Berücksichtigung von Shop-Größen, Flächen-Produktivitäten etc., die i.d.R. Bestandteil der Vertriebssteuerung ist.
  • Zusätzlich definieren Sie KPI‘s aus wirtschaftlichen Kennzahlen, Kundeninformationen und Markenstudien für das Erfolgs-Monitoring.
  • Entscheidend dabei ist, aus der Vielzahl der Quellen (ERP, CRM, Google Analytics etc.) die relevanten Kennzahlen zu selektieren und in Standardberichten zur Verfügung zu stellen. So wird kontinuierlich ein Soll-Ist-Abgleich durchgeführt und Optimierungsmaßnahmen können abgeleitet werden. Hierfür empfiehlt sich zum Beispiel die Implementierung einer Brand-Score-Card.

Verankerung Eigenmarkenmanagement

  • Entscheiden Sie je nach Organisationsstruktur und der übergreifenden Zielsetzung der Eigenmarken, ob Sie das Brand-Management vertikal institutionalisieren oder in das Category-Management integrieren. Und überprüfen bzw. optimieren Sie relevante Prozesse, wie zum Beispiel Produktentwicklung, Produktions- und Beschaffungsprozess, Trendthemen- und Werbeprozess.
  • Schaffen Sie ein motivierendes Anreizsystems. Je nach organisatorischer Einbindung sind für das Geschäft mit den Own Brands andere Kenn- und Steuerungszahlen relevant, die dann auch im Anreizsystem berücksichtigt werden müssen.

Zusätzliche Wachstumspotenziale

  • Zur Generierung zusätzlicher Umsatzpotenziale und Margenvorteile überdenken Sie, ob ggf. die Etablierung eines Wholesale-Konzepts mit der Unternehmensstrategie vereinbar ist.
  • Zusätzliche Absatz- und/oder Einkaufsvorteile können auch durch Kooperationen mit Einkaufsverbänden und Online-Partnern gehoben werden.